Ukraine-konflikt – auswirkungen auf die forderungsfinanzierung




ARTIKEL FÜR TRF NEWS, MÄRZ 2022

Von:
Luiza Buserska, Leiterin Unternehmenskommunikation bei CODIX, und Laurent Tabouelle, COO der CODIX-Gruppe

Die Factoring- und Forderungsfinanzierungsbranche steht wie alle anderen Wirtschaftszweige vor einer neuen Herausforderung, die unweigerlich für neue Erschütterungen und die Notwendigkeit einer schnellen Anpassung an neue Regeln und Vorschriften sorgen wird.

Die Welt beobachtet mit angehaltenem Atem, was in der Ukraine passiert. Zum ersten Mal seit mehr als 70 Jahren hat es in einem ganzen Land eine großangelegte Militäraktion gegeben. Die aktuelle politische Situation und der Konflikt in der Ukraine werden unweigerlich enorme Auswirkungen auf die globale und europäische Wirtschaft haben und Europa in die Dynamik von Energie- und Gaspreiskämpfen mit einem potenziellen Embargo für Energieexporte und mit einer quasi sicheren Domino-Wirkung versetzen in so ziemlich jedem Tätigkeitsbereich. Während europäische Länder Plan B für Energiemangel vorbereiten, hat die internationale Gemeinschaft ein Sanktionspaket für Russland vorbereitet. Die EU hat bereits begonnen, Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen zu verhängen. All dies wird unweigerlich zu großen Erschütterungen mit unvorhersehbaren Folgen für Länder und Volkswirtschaften im Allgemeinen sowie für die Factoring- und Forderungsfinanzierungsbranche im Besonderen führen.

Analysten kalkulieren die wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland nach Europa und der Verhängung von Sanktionen gegen Russland – Millionen Flüchtlinge auf der Flucht in den Westen, höhere Preise für Erdgas, Baumaterialien, Lebensmittel, steigende Inflation. Letzteres ist direkt von den Energiepreisen abhängig. Die Ölpreise sind aufgrund des Konflikts bereits auf den höchsten Stand seit 2014 gestiegen, was zum globalen Inflationsdruck beiträgt. Es gibt auch echte Befürchtungen, dass die Beschaffungskette nach Beginn der Militäraktionen unterbrochen wird.

Vor dem Hintergrund einer noch nicht vollständig von der Pandemie erholten Weltwirtschaft, eines nach wie vor schwierigeren grenzüberschreitenden Austauschs als noch vor zwei Jahren, verstärkt durch eine bereits bestehende Energiekrise und das wachsende Risiko globaler Konflikte, werden die Aussichten auf eine Stagflation in der Eurozone immer realer.

Ein mögliches Szenario ist laut Beobachtern, die Sanktionen soviel zu verschärfen, dass sie alle treffen, indem die Rohstoffpreise angehoben werden. Ein Szenario, in dem sich Agrarrohstoffe im Preis verdoppelt haben und Gas abgeschaltet wird, ist ein großes Problem für die Weltwirtschaft. Fraglich ist auch, ob Sanktionen gegen Länder verhängt werden, die mit Russland Handel treiben, wie etwa dessen Hauptexportpartner China. Es scheint ein Wirtschaftskrieg zu sein, der darauf abzielt, eine der großen Volkswirtschaften in die Knie zu zwingen, und der bereits schmerzhaft die Erinnerung an den Kalten Krieg wachruft.

All dies geschieht vor dem Hintergrund der Inflation, einer langsamen Erholung von der Pandemie, steigender Zinssätze, steigender Verschuldung (da die von der Regierung unterstützten Pakete auslaufen) und der Möglichkeit eines Zusammenbruchs der globalen Märkte.

Wie sich der Konflikt entwickeln wird, welche Auswirkungen er auf das politische und öffentliche Leben haben wird, lässt sich nicht vorhersagen, aber eines ist sicher – die aktuelle Situation und die bevorstehenden Wirtschaftssanktionen werden die westlichen Wirtschafts- und internationalen Handelsbeziehungen grundlegend verändern.

Jede Organisation, auch wenn sie nicht mit dem Finanzsektor verbunden ist, muss neu bewerten, auf welchen Märkten sie tätig ist, mit welchen Unternehmen sie in einer Vertragsbeziehung steht und das Sanktionsregime aus regulatorischer Sicht überwachen, damit sie Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer Geschäftstätigkeit ergreifen kann. Dies ist eine Änderung, die alle Unternehmen, inkl. Factoring- und Forderungsfinanzierer akzeptieren müssen und an die sie ihre Prozesse und Handlungen anpassen müssen. So können beispielsweise Kreditversicherer russische Geschäfte nicht mehr absichern. Dies wiederum wird Auswirkungen auf die Exporteure haben und sie sowie Kreditversicherer und Organisationen zur Forderungsfinanzierung zwingen, ihre Due-Diligence-Bemühungen in der gesamten sanktionierten Region zu verstärken.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Sanktionen sowohl auf den russischen Staat als auch auf den Westen werden spürbar sein. Neben anderen Maßnahmen ist der Ausschluss Russlands aus dem wichtigsten internationalen Zahlungssystem SWIFT die drastischste Sanktion und wurde bereits einer Reihe von Banken und Einzelpersonen von der EU, Großbritannien, den USA und ihren Verbündeten auferlegt. Das globale Finanznetzwerk ist die Verbindung zwischen Tausenden von Finanzinstituten in 200 Ländern. Dies bedeutet, dass die großen europäischen Banken das Risiko neu bewerten und in irgendeiner Weise begrenzen müssen. Dies muss auch auf lokaler Ebene in jedem Land in Bezug auf lokale Banken und lokale Finanzinstitute erfolgen.

Ob es einen großen Wirtschaftskrieg geben wird, bleibt abzuwarten. In der Zwischenzeit ist es für Finanzorganisationen an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen, um mögliche Risiken zu minimieren und maximale Flexibilität zu bieten, um die vollständige Einhaltung der sich schnell ändernden regulatorischen Rahmenbedingungen sicherzustellen.

Dieser Artikel wurde von BCR, dem weltweit führenden Anbieter von Marktinformationen und Schulungen für die Forderungsfinanzierungsbranche veröffentlicht: TRF News, März 2022.

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